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Interview mit Felix Pöttinger über POC (Seagrass Packaging)

Interview mit Felix Pöttinger über POC (Seagrass Packaging)

Hallo Felix! Wer bist Du und wieso hast Du Dich für ein Design-Studium am Royal College of Art in London entschieden?

Felix Pöttinger
www.poettingerdesign.com

– Hi! Ich bin ein Produktdesigner aus München und habe mich innovativen Produkten und der Nachhaltigkeit verschrieben. Aufgewachsen bin ich in einem Forstunternehmen, daher war mir der Bezug zur Natur und natürlichen Materialien immer extrem wichtig bei meiner Arbeit. Jedoch ist Industriedesign auch ein
Beruf der viel negatives Anrichten kann. Für mich persönlich ist Design kein Styling, es ist vielmehr die Möglichkeit, Innovationen sichtbar und greifbar zu machen. Wie schon Papanek sagte: “Wenn Design ökologisch verantwortungsbewusst und sozial verträglich sein soll, muss es revolutionär und radikal sein.” Ich habe mich für das Royal College of Art in London entschieden, weil es genau diese Art von Designer ausbildet.

Offenbar hast Du DIE Lösung für die Plastik Problematik gefunden! Was ist Seagrass Packaging ?

– POC: ist ein biologisch abbaubares Verpackungsmaterial für Nahrungsmittel. Es besteht aus Seegrasfasern, die natürlich absterben und an die Strände gespült werden. Normalerweise landen diese dann auf den Deponien dieser Welt. Es wird schon seit Jahren in der Wissenschaft darüber geschrieben, wie man dieses Material (und viele weitere natürliche Materialien) für andere Zwecke verwenden könnte, jedoch scheuen Firmen diehohen Produktionskosten. Da muss man halt selbst ran. Es ist auch nicht die eine Lösung, es ist vielmehr eine von vielen potentiellen Lösungen, die uns die Natur bereitstellt. Wir als Gesellschaft finden leider dann doch immer eine Ausrede die Plastiktüte zu nehmen. Es wird sehr schwer sein, Lebensmittelkonzerne von meinem Produkt zu überzeugen. Was mir aber gut gefällt: Es tritt eine Diskussion los und übt Druck aus. Mir geht es nicht darum, mich hinzustellen und den Heiland zu spielen.
Es geht darum, die ökologische Handbremse zu ziehen, sonst schaffen wir uns selbst ab.

Auf Deiner Webseite werden folgende Projekt Partner genannt: Royal College of Art, Tesco, Microsoft Research Lab. Wie ist es dazu gekommen?

– Das Royal College of Art ist gut vernetzt. Tesco und Microsoft Research waren offizielle Partner der Universität in diesem Projekt und haben viel Research und Wissen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich habe ich noch mit vielen anderen Firmen und Personen gesprochen, u.a. Restaurantbesitzern, aterialwissenschaftlern,
Materialingenieuren, Chemikern, Anwälten und StartUps. So eine Art Projekt macht man nicht im Alleingang.

Tesco ist eine britische, weltweit vertretene Supermarktkette und die grösste Handelskette in Grossbritannien.
Siehst Du deren Engagement als Zeichen dafür, dass echte Innovationen nötig sind um die PlastikFlut einzudämmen?

– Absolut. Es ist das richtige Zeichen. Es macht auch wirtschaftlich Sinn in diese Art von Innovationen zu investieren.

Wieso hat das Microsoft Research Lab Interesse an diesem Projekt?

– Microsoft war ein Projektpartner der Universität und durch sie hatte ich Einblicke in neue Technologien und einen hervorragenden Input durch einen Tutor. Microsoft ist viel mehr als ein Betriebssystem oder eine Spielekonsole. Der Research über “Ecology and Environment” kann sich sehen lassen.

Was ist der Stand der Dinge? (Ist das Material Geschmacksneutral und waschbar oder nur für den einmaligen
Gebrauch gedacht?)

– Wir sind noch in der Entwicklungsphase und es gibt noch viele Hindernisse zu überwinden. Von der Rohstoffgewinnung angefangen, über die Optimierung von Herstellungsprozessen und auch die Optimierung der Eigenschaften. Da ich nur mit natürlichen Materialien und Bindemitteln arbeite, sind die Möglichkeiten
natürlich begrenzt und der Prozess dauert lange.

Woher nehmt ihr das Seegras?

– Man kann diese bestimmte Art von Seegrasfaser an verschiedenen Standorten finden. Das auf den Bildern stammt aus Tunesien. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Seegrasfaser ein Abfallprodukt des Meeres ist. Es sollte auf keinen Fall industriell abgeerntet werden. Das würde nur den Lebensraum tausender Lebewesen zerstören und man hätte genau das Gegenteil erreicht.

Braucht es Zusatzstoffe um diese Formen zu pressen?

– Es braucht in unserem Fall ein Bindemittel, welches aus der Faser selbst extrahiert wird. Dazu Druck, Hitze, eine Pressform und Geduld. Alles so natürlich wie möglich.

Was denkst Du über die “grünen” PET-Flaschen von CocaCola? (Siehe auch coke_pepsi_pet_bottle_wars… )

– Es ist definitiv der richtige Schritt und ich hoffe Coca Cola verfolgt das weiter. Jedoch ist auch wichtig, diese Aktionen kritisch zu hinterfragen. Welcher industrielle Recycling Prozess muss angewandt werden, um diese Flaschen zu recyclen? Passiert das auch wirklich oder landen die trotzdem auf der Müllkippe? Kann das Coca Cola in dem Maßstab überhaupt leisten? Macht das die Cola teurer und machen da die Konsumenten überhaupt mit? Auch ich muss mich diese Fragen zurecht stellen. Es zeigt jedoch, dass es theoretisch möglich wäre.

Letztendlich entscheidet der Konsument mit seinem Geldbeutel.

Denkst Du Dein Design wird es bis zur Marktreife schaffen?

– Es kommt wirklich darauf an, von welchem Umfang wir reden. Eine Kleinserie wird bald im SILO in Brighton getestet. Das erste ZeroWaste Restaurant in England. Was danach kommt, wird sich zeigen…

Danke für Deine Antworten.
P.S. Wenn Du willst kannst Du auch noch folgende Frage beantworten:
Hast Du schon einmal einen Baum umarmt? (ist gesund… )

– Klar. Das gehört quasi zur Grundausstattung.

Mehr Infos zu Felix Pöttinger: 

Plastic song!

A little ditty about that ubiquitous stuff… Plastic! – and some ways we can cut it out of our lives!

 

Formidable Vegetable Sound System

Was ist eigentlich #Enkeltauglichkeit?

“Alike” is an animated short film… Watch it and realise that it’s time to reform our education system!