Wir Lebewesen – Menschen, Tiere, Pflanzen – hören irgendwann auf zu wachsen. Bei der Wirtschaft ist das anders. Sie wächst und wächst und wächst. Doch damit wachsen auch unsere Kleider- und Müllberge. Und der Meeresspiegel. Sechs von neun planetaren Grenzen haben wir überschritten. Müssen wir also unsere Wirtschaft mal runterfahren? Oder brauchen wir etwa Wirtschaftswachstum?
Es ist seltsam: Wir leben im Widerspruch. Die meisten Regierungen der Welt versprechen Wohlstand durch Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig führt Wachstum zu Klimakrise, Artensterben, Abholzung und acht Millionen Toten im Jahr wegen Umweltschäden.
Die Schäden kamen schon kurz nach Beginn des Phänomens auf. Ab den 50er Jahren wächst die Wirtschaft, ab den 60ern wächst aber auch der Müll, Flüsse sind vergiftet, in Industriegebieten verstaubt die Sonne. 1972 veröffentlicht der Club of Rome die Studie „Die Grenzen des Wachstums“. „Wenn wir das Wachstum nicht mit eigenen Maßnahmen verlangsamen, wird die Natur das für uns tun“, erklärt Autor Dennis Meadows.
Unser Fokus auf Wirtschaftswachstum, also einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, ignoriert die Kosten an Natur und Mensch. So stieg bei der Ölpest im Golf von Mexiko das Bruttoinlandsprodukt der USA wegen der Reinigungskosten, doch Mensch und Natur erlitten Schäden. Das Bruttoinlandsprodukt misst außerdem nur bezahlte Arbeit, keine unbezahlte wie Hausarbeit, Familienarbeit, Ehrenamt oder Selbstversorgung. Ob es uns gut geht, wir genug haben, alles gut teilen – darüber sagt das Bruttoinlandsprodukt nichts aus.
Wie kommen wir aus dem Dilemma heraus? Unsere staatlichen Einnahmen hängen aktuell vom Wirtschaftswachstum ab. „Wenn das einbricht, sind Jobs gefährdet, Steuereinnahmen, Sozialversicherung“, erklärt Ökonomin Irmi Seidl, und grünes Wachstum ist laut Studien gescheitert, weil auch mit neuen Technologien der Ressourcenverbrauch steigt. Müssen wir also alles mal runterfahren – und geht das weltweit?
Dokumentation von Julia Fritzsche (D 2022, 25 Min)
Quellen und weiterführende Links:
Seit wann gibt es Wirtschaftswachstum?
Wir lebten 300.000 Jahre lang ohne Wirtschaftswachstum, richtig ab ging es erst ab den 50er Jahren.
https://ourworldindata.org/grapher/wo…
Was macht unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten?
Es zerstört unsere Lebengrundlagen
https://www.pik-potsdam.de/de/aktuell…
Hier der zeitliche Verlauf von Forscher Johann Rockström bei seiner TED-Konferenz:
Acht Millionen Menschen sterben jährlich an Umweltschäden.
https://orf.at/stories/3247371/
Was fließt ins Brutto-Inlands-Produkt ein?
In Deutschland verursachen Medikamentenreste im Abwasser Umweltreinigungskosten von 1,2 Milliarden Euro: Ebenfalls Teil des BIP. In Frankreich sterben jährlich 45.000 Menschen an Feinstaub und Ozon: für Arztkosten und Arbeitsausfälle wegen der Luftverschmutzung fließen 48 Milliarden Euro – und steigern das Brutto-Inlands-Produkt.
https://www.zeit.de/mobilitaet/2022-0…
https://www.spiegel.de/wissenschaft/n…
Können wir einfach weiter wachsen, aber in Grün?
Es sieht eher schlecht aus:
https://www.researchgate.net/publicat…
Sollten wir reduzieren?
Wenn wir das 1,5-Grad-ziel einhalten wollen, würde laut einer Studie der Zeitschrift Nature eine Rücknahme des Wachstumsrücknahme eher helfen, als auf technologischen Wandel zu setzen.
https://www.nature.com/articles/s4146…
Der jüngste IPCC von 2022 erwähnt in Kapitel 5 (S. 32) Konsumreduktion, freiwillige und politisch initiierte. Denn solche Wege der Wachstumsrücknahme könnten entscheidend sein, um eine Abmilderung der Klimakrise technisch möglich zu machen und soziale Entwicklungsziele einzuhalten.
https://report.ipcc.ch/ar6wg3/pdf/IPC…
Was, wenn wir unsere Arbeitszeit reduzieren?
Einige Länder experimentieren damit, hier ein Einblick
https://www.ardmediathek.de/video/bet…
70 Prozent der Schichtarbeitenden der Metallindustrie wollten bei Umfragen lieber mehr Freizeit als Lohn
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unt…
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