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Dialog zwischen Michèle Bachmann (Anshelle) und Mei-Siang Chou (Soulbridges)

Dialog zwischen Michèle Bachmann (Anshelle) und Mei-Siang Chou (Soulbridges)

Michèle Bachmann (Anshelle) und Mei-Siang Chou (Soulbridges) sind beide an der BEA-Expo in Bern aufgetreten und haben auch noch neben der Musik sehr viele Gemeinsamkeiten. Wie ist es dazu gekommen? Wie habt ihr euch kennengelernt und wieso habt ihr denselben Drummer?

 

http://www.martinkissling.ch

 

http://www.anshelle.ch
Michèle Bachmann

Michèle: Mit Tinu Kissling spiele ich bereits seit dem Jahr 2006 in der Band Anshelle.

Mai und ich haben uns (soweit ich mich erinnern kann) bei einem Fotoshooting der Band Soulbridges kennengelernt. Da nebst Tinu auch mein Lebenspartner und Anshelle Bassist, Phil Küffer, bei den Soulbridges spielt, war ich beim Fotoshooting dabei um die Band etwas zu unterstützen.

 

 

Mei-Siang Chou 

Mei:

Die Musikwelt in der Schweiz – und dann erst noch in Bern – ist klein!

Ich spiele seit 2012 mit Anshelle-Drummer Tinu Kissling und Anshelle-Bassist Phil Küffer in der Partyband “Soul Bridges” – mit dieser Formation durften wir an der diesjährigen BEA auftreten. Ja, der erste Kontakt mit Michèle war bei einem Fotoshooting und Videodreh. Sie hat mir viel geholfen in Make-Up- und Styling-Fragen. Da ist sie ja ein absoluter Pro!

 

Die grösste Gemeinsamkeit scheint die Musik zu sein. Worauf achtet Ihr, wenn ihr Musik produziert, konsumiert und auf der Bühne präsentiert?

Mei:

  • Produktion: Authentizität! Ich habe in meiner Vergangenheit bei vielen Projekten mit verschiedensten Musikern und in ganz unterschiedlichen Genres mitgemacht. Aus Neugierde, um Erfahrungen sammeln zu wollen, weil ich mich Vieles reizt. Inzwischen möchte mich aber wieder mehr auf mein Inneres konzentrieren: Was habe ich heute zu sagen als Künstlerin? Wer bin ich als Künstlerin? Das ist ein spannender und hoffentlich ein nie endender Prozess!
  • Konsum: Ich konsumiere sehr wenig Musik. Manchmal nehme ich mir vor, mehr Musik zu hören, aber es bleibt meistens beim Vorsatz. Musik als Berieselung kommt für mich nicht infrage. Und bewusst Musik hören ist für mich etwa so, wie bewusst ins Kino zu gehen. Ich will dann alles erfassen, lasse mich voll auf den Song ein, die Stimme, die Stimmung, die Instrumentierung. Ich kann schwer in Worte fassen, was mich bei einem Song umhaut. Vielleicht ist es wieder Authentizität.
  • Präsentation: Haha, auch hier bin ich wieder bei Authentizität. Das klingt inzwischen schon fast abgedroschen. Aber wenn jemand im Einklang ist mit seiner Stimme, seinem Instrument, mit der Musik, mit seinem Outfit und seiner Bühnenpräsenz, hat dies etwas sehr fesselndes. Verbundenheit, Durchlässigkeit, Spielfreude, Mut, im Hier und Jetzt präsent sein, sind für mich auch spannende Stichworte für eine gute Präsentation.

 

 

Michèle:

  • Produktion: Die Musik muss mich selbst berühren und glaubwürdig sein. Wichtig ist mir auch Professionalität (Recordings, Mix, Mastering).
  • Konsum: Ein Song muss mich berühren und irgendein Gefühl in mir auslösen, damit er hängen bleibt.
  • Präsentation: Das  Paket muss in sich stimmig sein (Musik, Bühnenpräsenz, Speeches etc.)

 

 

 

Wie sieht es mit der Vermarktung aus? Welche Plattformen nutzt Ihr und wieso?

 

Mei: Meine eigene Webseite ist vorallem da, damit mich die Leute finden, wenn sie eine Gesangslehrerin suchen. Sie dient auch als Visitenkarte, wenn Leute mein künstlerisches Schaffen auschecken wollen.

Das mit der aktiven Vermarktung ist so eine Sache. Alle sagen, heutzutage kann man als Musiker nicht mehr ohne Facebook und co. leben. Ich habe mich vor ein paar Jahren von den Social Media Plattformen zurückgezogen, weil ich spürte, dass es mir als Mensch und Künstler nicht guttat. Ich konnte einfach nicht damit umgehen, sodass es mir in meiner Entwicklung und Kreativität mehr geschadet hat. Inzwischen kann ich mir aber vorstellen, in naher Zukunft wieder aktiv zu werden auf diesen Plattformen.

 

Michèle: Die eigene Webseite und alle gängigen Social Media Plattformen. Wir finden es grundsätzlich wichtig, sich professionell zu vermarkten und präsent zu sein. Das Ganze jedoch in Mass, wir übertreiben es nicht und investieren unsere Zeit hauptsächlich ins “Musik machen”.

 

In der Schweizerischen Bundesverfassung steht folgendes:

Art. 21 Kunstfreiheit  Die Freiheit der Kunst ist gewährleistet.”

Was fällt euch spontan dazu ein und wie wird dies in der Förderung von Kunst im Allgemeinen umgesetzt?

 

Mei: Ich habe Unfreiheit in der Kunst immer nur in meinem eigenen Kopf erlebt. Ich bin umgeben von tollen Musikern, die sich nicht in erster Linie darum kümmern, im Radio gespielt zu werden oder sonst kommerziellen Erfolg zu haben. In erster Linie ist Musik ein persönliches Ausdrucksmittel. Hier in der Schweiz empfinde ich es als grosses Privileg, dass unser Wohlstand es mir erlaubt, dass ich es mir leisten kann, Musik zu machen, die mir am Herzen liegt und mich nicht mit ganz existenziellen Überlebensfragen auseinandersetzen muss, wie das in vielen anderen Orten auf der Welt der Fall ist.

 

Michèle: Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich punkto künstlerischer Freiheit nie gross eingeschränkt war. Ich mache seit Jahren die Musik, die mir persönlich Spass macht. Wenn ich hauptsächlich den kommerziellen Erfolg angestrebt hätte, hätte ich mich sicherlich mehr verbiegen müssen. Gerade die Radiolandschaft lässt zum Teil wenig künstlerische Freiheiten zu. Da wird rigoros aussortiert, was nicht ins Tagesprogramm passt.  

 

Woran arbeitet Ihr im Moment?

Michèle: Am 7. Studioalbum von Anshelle

Mei: An einem neuen Industrial-Metal-Projekt; wir nehmen ein Studio-Album auf. Und an der Wiederaufnahmen meines Solo-Projektes, das seit der Geburt meines Sohnes auf Eis gelegen hat.

 

Kennt ihr Helge van Dyk?  Im Interview mit ihm kam es zu folgender Aussage im Bezug auf Mainstream-Musik:

“Irgendwann realisieren die Leute – nur Fast Food macht einen nicht satt – das Bedürfnis nach nachhaltiger und individueller Ernährung ist da. Es wird sich auch wieder ändern, denn jede Bewegung ergibt eine Gegenbewegung und  Freiraum für neues Individuelles, authentischer ‘Soul Food’. “

Ist Musik Soul-Food? Wie seht Ihr diesen Vergleich mit Nahrung?

 

Michèle: Absolut, ich sehe das in etwa gleich – und freue mich bereits jetzt auf den Moment wo das passiert. 🙂

 

Mei: Ich kenne Helge van Dyk nicht. Aber was er sagt, klingt interessant. Hoffentlich stimmt es!

 

Kennt Ihr www.newTree.org? Was denkst Ihr darüber?  Welche Charity-Organisationen unterstützt ihr und wieso?

 

Mei: Für mich ist newTree.org eine Neuentdeckung. Ich finde es sehr bemerkenswert und wichtig, dass Leute sich in unserer wohlhabenden Schweiz für weniger privilegierte Menschen einsetzen und aktiv die Verantwortung für unser Tun und dessen Konsequenzen übernehmen. Mich fasziniert momentan die Zero-Waste-Bewegung sehr. Wenn ich ein Leben komplett ohne Abfall führen könnte, würde mich das glücklich und stolz machen. Als Familie sind wir Mitglied bei 14 Charity-Organisationen, unter anderem WWF, Bio Vision, Helvetas, Green Cross, Médecins sans Frontière, Pro Natura, Pro Velo, Public Eye, GSoA.

 

Michèle: Bis jetzt kannte ich newTree nicht, jetzt aber schon. 🙂 Tolle Sache, allgemein finde ich es immer wieder bemerkenswert, dass es Menschen gibt, welche sich derart für Menschen, Tiere und die Umwelt einsetzen.

 

Die zahlreichen Auftritte sind sicher oft sehr anstrengend. Wie wichtig ist es für euch in der Natur zu sein? Habt Ihr schon einmal einen Baum umarmt oder einen Baum-Song geschrieben?

 

Mei: Die Natur, vor allem der Wald, ist für mich die Ultra-Tankstelle für Ruhe, Klarheit, Energie und Kreativität.

Bäume sind für mich das Symbol für Stärke und Weisheit.

Mein Sohn ist nach einem Baum benannt. Ich bin gerade letzte Woche wieder wie in meiner Kindheit in den Wald gegangen und bin dort auf Bäume geklettert. Eine tolle Erfahrung! Und natürlich bedanke ich mich danach beim Baum mit einer Umarmung!

 

Michèle: Absolut! Von Anshelle gibt es den Song “Tree” (Album Betty’s Garden, 2009). Ich liebe Bäume und ihre Wirkung auf mich. Mein Lieblingsbild (das zu Hause hängt) zeigt auch einen Baum.

https://itunes.apple.com/ch/album/bettys-garden/id877508507?l=en

 

Schaut man sich die Tagesschau an, scheint es überall auf der Welt nur noch Konflikte zu geben. Es wird unverhältnismässig öfter über Kriege und Katastrophen berichtet als über die Friedensbewegung und über Innovationen, welche die Menschheit voranbringen könnten. Hat ein Singer/Songwriter aus eurer Sicht die Pflicht hier ein wenig Gegensteuer zu geben? Falls ja, wie?

 

Michèle:

Ich finde es in erster Linie Wichtigste, dass man über Sachen singt, die einen berühren und die einem tatsächlich beschäftigen.

Wenn dies eines der oben genannten Themen betrifft und man etwas damit bewirken kann, umso besser.

 

Mei: Manchmal denke ich, dass es meine Pflicht wäre. Aber ich stimme Michèle zu:

Man kann als Künstler nicht mit dem Kopf entscheiden, worüber man schreiben sollte.

Das entsteht irgendwo tief in uns. Einfach nur missionieren zu wollen finde ich nicht so toll.

 

Worauf achtet ihr bei Songtexten?

 

Mei: Ich mag, wenn es nicht so offensichtlich ist, worum es geht. Wenn man sich richtig reinhören muss. Vielschichtigkeit. Auch der Klang der Wörter ist mir wichtig. Ich mag es, zu provozieren und Autobiographisches und Fiktion zu vermischen.

 

Michèle: Dass man versteht worum es geht. Wenn das Ganze lyrisch auch noch gut daher kommt – umso besser.

 

Würdet Ihr einen Song für den Weltfrieden schreiben? Oder habt ihr dies vielleicht bereits getan?

 

Mei: Ja, momentan beschäftigt mich dieses Thema sehr. Gerade letzten Monat habe ich im Studio für das Metal-Projekt zwei Songs aufgenommen: “Victory of Love” und “Across the Sky”. Der erste träumt von einem neuen Weltkonzept, wo Liebe die Gesetze schreibt und der zweite ist eine Anklage an die sogenannte saubere Kriegsführung, wie sie die USA momentan betreibt.

Michèle: Mein allererster Song den ich mit ca. 17 Jahren geschrieben habe heisst “Stop the War”. Er wurde nie veröffentlicht, aber ich kenne heute noch jede Zeile daraus. Auf dem Anshelle Album “All In” (2012) gibt es zudem einen Song, der “20’000 Soldiers” heisst.

 

Habt Ihr auch gemeinsame innovative Projekte oder was steht als nächstes an?

 

Michèle: Was musikalisch noch nicht ist, kann ja noch werden. 🙂 Ich finde es in erster Linie schön, eine andere engagierte SängerInnen zu kennen und mit ihr über das Musikbusiness und die Welt reden zu können.

 

Mei: Mit Michèle einmal zusammen auf der Bühne zu stehen, fände ich super! Momentan ist aber noch nichts geplant.

 

Welche Fragen möchtet Ihr euch gegenseitig über die Zukunft stellen? Ihr habt jetzt die Gelegenheit dazu diese zu beantworten.

 

Mei’s Frage: Wir könnten uns gegenseitig mal einen Song schreiben – was meinst du dazu?

Michèle’s Antwort: Jup, und ein lustiges Video dazu aufnehmen 🙂 :-).

 

Michèle’s Frage: Denkst Du wir stehen auch mit 60 Jahren noch auf der Bühne? 🙂

Mei’s Antwort: Hoffentlich!!!

 

Herzlichen Dank für die Zeit und die Beantwortung dieser Fragen.

P.S. Vielleicht kennt Ihr jemanden, der ebenfalls gerne Interviews macht… einen MoJo?

 

Haupt-Social-Media-Kanäle & Links:

Michèle:

http://www.anshelle.ch

Social-Media: https://www.facebook.com/anshellemusic/

Mei:

Mei-Siang Chou

Social-Media: https://www.facebook.com/soul.bridges.music/

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