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Die neue Seidenstrasse – Interview mit Patrick Rohr

Die neue Seidenstrasse – Interview mit Patrick Rohr

© Joseph Khakshouri

Im Plenum-Wallis Abusitz hat Patrick Rohr einen interessanten Vortrag via ZOOM über seine beeindruckenden Reisen gehalten. Darum ist es zu diesem Interview gekommen.

Du hast ein Buch (Die neue Seidenstrasse. Chinas Weg zur Weltmacht) geschrieben. Was war Deine Motivation dieses Buch zu schreiben? 

Ich bin ein grundsätzlich neugieriger Mensch, und ich versuche, die Zusammenhänge auf dieser Welt zu verstehen. Als Journalist und Fotograf habe ich das Glück, dass ich meiner Neugier auch professionell nachgehen kann.

2017 habe ich ein Buch und eine Dokumentarserie über Japan gemacht. Ab 2018 lebte ich zu einem grossen Teil auch in Japan. Nicht erst seit da fasziniert mich der asiatische Kontinent. Über die neue Seidenstrasse hatte ich immer wieder gelesen, und eines Abends in Tokio durchfuhr es mich ein Blitz: Warum nicht einmal nach China und von dort Richtung Westen gehen, um zu sehen, was Chinas «Belt and Road Initiative», wie die neue Seidenstrasse eigentlich heisst, für die angeschlossenen Länder bedeutet. Und so begann Ende 2019 eines meiner grössten Abenteuer.

Es scheint so, also ob Deine Projekte durchwegs erfolgreich verlaufen würden. Ist dies alles eine Frage der richtigen Kommunikation?

Interessante Frage. Ich denke, dass es zunächst einmal um die richtige Einstellung, die Motivation, kurz: die Leidenschaft für eine Sache geht.

Ich packe jedes meiner Projekte mit grosser Leidenschaft an, nur so funktioniert es für mich.

Ich gebe mich mit Haut und Haar in ein Projekt rein und tauche erst wieder auf, wenn es abgeschlossen ist. Offenbar springt dieser Funke dann oft auch auf die Menschen über, die ich für ein Projekt begeistern möchte – einen Buchverlag zum Beispiel. Oder meine Protagonistinnen und Protagonisten. Und natürlich die Leute, die mich auf der Reise ans Ziel unterstützen. Und natürlich hilft da die Kommunikation. Ich muss erklären können, weshalb ich etwas möchte, ich muss die Leute überzeugen können, mir ihre Geschichte zu erzählen und sich von mir fotografieren lassen. Und da hilft es, wenn ich weiss, wovon ich rede und mit guten Argumenten das Vertrauen der Menschen gewinnen kann. Ich darf das Vertrauen nur nie missbrauchen, das ist für mich das Wichtigste.  

Wieso werden so oft Erfolgsgeschichten erzählt, wenn man doch aus Fehlern vermutlich mehr lernen kann?

Aus meiner eigenen Geschichte weiss ich, dass vor jedem Erfolg Fehler, Missgeschicke, Enttäuschungen stehen. Erfolg kommt nicht einfach so vom Himmel gefallen, Erfolg ist meist das Produkt harter Arbeit. Ich lese sehr gerne Erfolgsgeschichten, denn es sind immer auch Geschichten über das Scheitern. Erst, wenn man das versteht, darf man vom Erfolg träumen. Mein Buch «Die neue Seidenstrasse – Chinas Weg zur Weltmacht» wurde schliesslich eine Erfolgsgeschichte, aber es ist auch die Geschichte eines langen Leidens: Zuerst – ich hatte meine Reisen gerade gestartet – erfuhr ich, dass mein Verlag auf Ende 2020 den Sachbuchteil schliessen würde, mein Buch sollte das letzte im Programm sein. Aber dafür musste es vor Ende Jahr herauskommen, sonst würde es nicht mehr veröffentlicht. Dann brach Corona aus, und ich musste Hals über Kopf alles abbrechen und nach Hause flüchten. Lange sah es danach aus, dass ich die Reisen nicht mehr fristgerecht würde beenden können, das zog mir völlig den Boden unter den Füssen weg. Mir fehlten für ein aussagekräftiges Buch noch einige Länder entlang der neuen Seidenstrasse. Wie durch ein Wunder tat sich im Herbst letzten Jahres dann plötzlich ein Fenster auf, und ich konnte unter anderem nach Kirgisistan reisen, ein wichtiges Puzzleteil für das Gelingen meines Projektes. Kaum dort, brach eine Revolution aus, und ich musste das Land bei Nacht und Nebel verlassen. Aber ich hatte genug Stoff, um mein Buch fertig zu machen. Es erschien schliesslich kurz vor Weihnachten und wurde ein Bestseller. Du siehst, die Erfolgsgeschichte ist zunächst einmal eine Geschichte voller Tiefschläge und Zweifel. So verhält es sich mit den meisten Erfolgsgeschichten.

Was würdest Du Deinem 17-jährigen Ich sagen, wenn Du die Möglichkeit dazu hättest? 

Sei gelassen, es kommt schon gut

Sei gelassen, es kommt schon gut. Ich denke, dass mir dieser Tipp in jungen Jahren in mancher Situation geholfen hätte. 

Vor welchen Fehlern würdest Du Dich selbst warnen?

Touch wood! Ich glaube, dass ich bis jetzt keine wirklich grossen Fehler gemacht habe in meinem Leben. Oder zumindest stellten sich Fehlentscheidungen im Nachhinein meistens als eine gute Entscheidung heraus, weil ich viel daraus lernen durfte. Zum Beispiel habe ich zu Beginn meiner Zeit als «Arena»-Leiter oftmals gedacht, dass es ein Fehler war, das Angebot, diese Sendung zu moderieren, anzunehmen. Ich dachte, dass ich mit 31 Jahren viel zu jung dafür war und fürchtete einige Mal, dass es mich «verblasen» könnte. Ich habe zum Glück durchgehalten und nach den ersten heftigen Kritiken stark an mir gearbeitet. Nach ein paar Monaten war ich an meinem neuen Platz endlich angekommen, und ich fühlte mich in der Rolle des Polit-Dompteurs immer besser. Am Schluss ging ich als stark gefestigte Person aus dieser Aufgabe heraus. Heute bin ich sehr glücklich, habe ich damals im jugendlichen Übermut Ja gesagt zu dieser grossen Aufgabe. Die Zeit als «Arena»-Moderator gehört zu den aufregendsten in meinem Leben.

Welche Fehler sind Dir während Deiner Reise passiert?

Ich hoffe, keine! Meine grösste Sorge war, dass ich mit meiner Arbeit andere Menschen in Gefahr bringen könnte – mehr noch, als mich selber. Immerhin war ich in Ländern unterwegs, in denen man nicht gerne sieht, wenn ein Journalist mit Kamera Leute interviewt, noch dazu zu einem nicht unumstrittenen Thema wie der neuen Seidenstrasse. Ich erachtete es deshalb als meine Verantwortung, dafür zu schauen, dass sich niemand mit seinen Aussagen in eine ungemütliche Lage bringen würde. Ich denke, das ist mir gelungen. Die kritischsten Kommentare im Buch kommen von mir als Autor.

Welche Frage möchtest Du endlich einmal gestellt bekommen? Aber es passiert einfach nie. Jetzt hast Du die Gelegenheit diese zu stellen und zu beantworten.

Die Frage ist: Hast du nie Angst? Die Antwort: Ich bin zum Glück kein ängstlicher Mensch. Aber ich habe Respekt. Ich denke, dass mich das bis jetzt vor grösseren Dummheiten bewahrt hat, mich aber trotzdem immer wieder mutige Dinge tun lässt.

Wann hast Du das letzte Mal einen Baum umarmt oder im Wald gebadet?

Das war im Urwald des Białowieża-Nationalparks an der polnisch-belarussischen Grenze. Ich startete da meine Reise durch Polen, ebenfalls für mein Buch. Der Urwald ist stark gefährdet, weil die polnische Regierung in abholzen lassen will. Adam Bohdan, ein Biologe und Beschützer des Urwalds, führte mich tief ins Gehölz, um mir zu zeigen, worum es ging.

Vor einem gewaltigen Baum, sehr alt und dick, blieb er stehen und umarmte ihn. Ich tat es ihm gleich, und es tat gut.

Im Wald gebadet habe ich vor nicht allzu langer Zeit. Für das Reiseunternehmen Background Tours, für das ich Reisen in verschiedenen Ländern leite, habe ich letztes Jahr im Herbst zwei Tage «Japan in der Schweiz» geleitet. Dabei gingen wir auf einen Waldspaziergang in Zürich, den die mit einem Japaner verheiratete Schweizerin Ronja Sakata ganz in der Tradition des japanischen «Baden im Wald» gestaltet hat. Es war sehr schön!

Dein persönliches Engagement für NGO’s wie HELVETAS ist vorbildhaft und es sollte mehr Leute geben, die NGO’s aktiv unterstützen. Würdest Du auch www.newTree.org unterstützen und einmal aus Burkinafaso (Helvetas ist ja auch da tätig) berichten? 

Um mich nicht besser darzustellen, als ich bin, und damit es keine Unklarheiten gibt: Die Reportagen, die ich für NGOs wie Helvetas, Ärzte ohne Grenzen oder Biovision gestalte, sind bezahlte Aufträge, sie sind kein unentgeltliches Engagement. Aber die Aufträge sind natürlich viel tiefer entschädigt als professionelle Aufträge es wären, da diese Organisationen von Spendengeldern leben. Um authentisch und mit der richtigen Distanz über ihre Projekte zu berichten, engagieren sie jeweils Profis, die bereit sind, für einen kleinen Teil ihres üblichen Honorars solche Einsätze zu machen. Die Reisen in die Krisengebiete dieser Welt sind sehr anspruchsvoll und verlangen mein ganzes professionelles Know-how als Journalist und Fotograf. Sie machen mich nicht finanziell reich, aber sie erfüllen mich mit einem grossen inneren Reichtum. Nach insgesamt vier Wochen im grössten Flüchtlingslager der Welt, dem Flüchtlingscamp der Rohingya in Bangladesch, verstehe ich von diesem dramatischen Konflikt im burmesisch-bangladeschischen Grenzgebiet viel mehr als davor. Vielleicht lässt sich eine Reise nach Burkina Faso zu den Projekten von NewTree ja mal mit einer Reise für eine andere NGO kombinieren.

Patrick Rohr auf Twitter

Wie sieht Deine Zukunft aus? Gehst Du nach BurkinaFaso? 

www.NewTree.org

Afrika steht tatsächlich weit oben auf meiner Wunschliste. Ich war bereits in mehreren Ländern für verschiedene Organisationen unterwegs, vor allem im Osten. Ich war in Äthiopien, Uganda, Kenia, Tansania und Simbabwe. Ich würde sehr gerne ein nächstes Buch über diesen faszinierenden Kontinent machen.

Wen sollte ich als nächstes interviewen? 

Jemand, der dich aus tiefem Herzen interessiert. Das sind möglicherweise nicht die gleichen Menschen, die mich faszinieren. Darum nehme ich dir diese Entscheidung nicht ab. 

Besten Dank für Deine Zeit und Energie. 

Wettbewerb – Gewinne eines von 3 Büchern von Patrick Rohr

In den nächsten Tagen wird es auf Instagram einen Wettbewerb geben, bei dem Du das Buch von Patrick Rohr über die neue Seidenstrasse gewinnen kannst. Einfach Patrick Rohr und @MyTreeTV auf Instagram folgen und dann zählst vielleicht Du zu den glücklichen Gewinnern. Mit einem Kommentar auf dieser Webseite kannst Du Deine Gewinnchancen erhöhen.

Patrick Rohr auf Instagram

Dokumentationen über China – Und weitere Beiträge von MyTree.TV

Alles per App – Wie weit ist China uns voraus? | WDR Doku

Wer hat die Macht im Internet? Haben Player wie die USA und China den Markt bereits unter sich aufgeteilt? Kann Deutschland noch mithalten im internationalen Wettlauf der Digitalisierung?

China: Geboren ohne Recht auf Leben | ARTE Reportage

Diese Kinder hätten niemals geboren werden dürfen. China erkennt ihre Existenz nicht an. Sie haben keinerlei Rechte. Nicht einmal das Recht zur Schule zu gehen. In Hong Kong sind sie geboren. Ein Trick ihrer Mütter der Einkindpolitik zu entkommen. Sie fliehen aus China und bringen ihr Kind im Ausland zur Welt. Dort wo es keine Geburtenkontrolle gibt. Ein Kind zu viel.

https://www.youtube.com/watch?v=nrOgPy1RVBg

INTERVIEW MIT VOLKEN BERNARD

Ein weiteres INTERVIEW über China – MIT VOLKEN BERNARD
https://vimeo.com/568482321

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